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In der Ruhe liegt die Kraft
Wer sich von Terminen und Sachzwängen jagen lässt, neigt zu Fehlentscheidungen. Ein Plädoyer für häufigeres Innehalten im Job.
Ein wesentlicher Artikel von Hartmut Volk in der Süddeutsche Zeitung vom SA/SO 19./20. September 2009

„Alles verändert sich und das immer schneller. Handlungs- und noch viel mehr Zukunftsplanung, unternehmerische wie private, werden zu einem steten Wagnis. „Innere Ruhe ist rar geworden. Im zwischenmenschlichen Umgang zeigt sich das ebenso wie im öffentlichen Raum“, sagt der schweizer Psychotherapeut und Fachmann für Stress- und Ressourcenmanagement, Professor Urs Lattmann aus Aarau mit Besorgnis. Sieht er doch in der fehlenden inneren Ruhe „einen der großen Mürbemacher und Fehlsteuerer unserer Zeit.“

„Innere Unruhe beeinträchtigt die Konzentration“, erläutert Lattmann, und damit das Vermögen Wichtiges von weniger Wichtigem zu unterscheiden. Erst innere ruhe kläre und schärfe den Blick und ermögliche so das zur persönlichen wie betrieblichen Krisen- und Problembewältigung entspannt-konzentrierte Denken und Handeln. Das Empfinden andauernden Getriebenseins führe in der Sache in die Irre und im zwischenmenschlichen Umgang in zunehmend aggressive Konfrontationsbereitschaft, selbst bei nichigsten Anlässen. Im Management hätte eine flattrige Ausstrahlung eine verheerende psychologische Wirkung auf die Belegschaft. Und nicht zuletzt, sagt Lattmann, „unterminiert das Gefühl permanenten inneren Getriebenseins die Gesundheit“. Psychischer Dauerstress ist ursächlich an vielen Krankheiten beteiligt.

Das ist nicht neu. Schon in der Philosophie der griechisch-römischen Antike spielt dies innere Haltung als zuverlässiger Wegweiser zur Lebensbewältigung in Form der Hilaritas, der heiteren Gelassenheit, eine maßgebliche Rolle.

„Heiterkeit und Gelassenheit gehören zusammen“, erklärt Anselm Bilgri, ehemaliger Prior des Klosters Andechs und heutiger Managementberater. Heiterkeit verstanden als Stille, von innen heraus leuchtende, eben aufheiternde Fröhlichkeit, nicht als laute, lärmende Lustigkeit. Diese Heiterkeit ermögliche ganz wesentlich die Doppelwirkung der Gelassenheit: in Bezug auf uns selbst als Fähigkeit, loslassen zu können, nicht zu verkrampfen oder - häufig wider besseren Wissen - auf etwas zu versteifen. In Bezug auf die Umgebung sein lassen zu können als Vermögen, andere in ihrer Eigenart zu akzeptieren.““